Lüchow - Die Jeetzelinsel und ihre Bebauung

Die Lüchower Jeetzelinsel (abgerissen 1960/61)
Die Lage der Insel

Ein Ausschnitt aus einer historischen "Carte von der ganzen Situation der Stadt Lüchow".
Die langgezogene Insel lag direkt im Bereich der Jeetzelbrücke der heutigen Langen Straße. (Mitte der linken Bildhälfte)
Das Foto1, vom Dach des Kirchturmes in Richtung Nordosten aufgenommen, zeigt die Lage der Insel im Bild. Im Vordergrund (deutlicher Schattenbereich am Anfang) verläuft die Mauerstraße, parallel zur Jeetzel. An deren Ende liegt rechts die Insel, mit 3 Gebäuden bebaut. Das auffällige, fein strukturierte Fachwerk und die weiße Markise gehören zum Haus Lücking auf der Nordseite, damals Lange Straße 8.
Blick von Westen

Die Häuserzeile auf der linken Seite endet an einem kleinen Brückengeländer. Ein dunkel gekleideter Mann mit einem länglichen Gegenstand in der linken Hand überschreitet gerade diesen Brückenteil. Dann folgt das markante Haus Lücking auf der Insel.

Die Aufnahme stammt aus dem Jahr 1900 oder 19012
Blick von Norden3

Hat jemand Informationen zur Nutzung des links ankernden "Hausbootes/Boothauses"?
Blick von Osten

Eine colorierte Postkarte, geschrieben 1908, produziert von Buchhandlung W. Bergmann, Lüchow
Blick von Süden4
Drei Häuser bildeten die Bebauung der Insel. Auf der Nordseite, hier im Bild rechts, zunächst das Haus des Weinhändlers Rhaesa, ab 1862 bis 1880 Kaufmann H. Mansfeld. Sein Firmenschild hängt hier über der Eingangstür

Nach dem Abriß zur Verbreiterung der Brücke im Jahr 1890, entstand das hoch aufragende Gebäude, im Sprachgebrauch "Haus Lücking" (vorher Manecke, auch Maneke geschrieben), auf der Südseite das Haus "Pott´sche Erben" und das Wirtshaus "Fröhling´s Marie", das älteste Haus Lüchows, das wegen der Insellage den Brand 1811 überstanden hatte.

Dieses Foto, eines der ältesten erhaltenen Motive von Lüchow, ist zwischen 1862 und 1880 entstanden.
Geschäfts- und Wohnhaus H & O Manecke, 1892

"Den Söhnen des Bankiers und Getreidehändlers Manecke waren die Geschäftsräume in ihrem Stammhaus - dem Eckhaus links am Eingang zur Johannisstraße - zu klein und bescheiden geworden. Sie ließen das prachtvolle Gebäude auf der nördlichen "Insel" bauen."5

Postkarte vor 1900
Geschäfts- und Wohnhaus Wilhelm Lücking, hier auf einer Postkarte, verschickt am 24. Oktober 1902.
Es wäre noch zu klären, wann genau der Übergang von Manecke zu Lücking stattfand.

Bei diesem Motiv kommt die Positionierung und die Wirkung des Hauses auf den Verlauf der Langen Straße in Richtung Westen gut zur Geltung.
Für dieses Foto, dass 1912 als Postkarte verschickt wurde, haben sich die Bewohner des Hauses vor dem Gebäude und im ersten Stock am Fenster positioniert.

Die Firmenbeschriftung lautete damals: Destillation und Weinhandlung W. Lücking.

Auffällig ist der auf der Brücke aufgestellte Strommast.
Eine perfekte Aufnahme dieses imposanten und auffälligen Gebäudes hat Albert Sültemeier2, Maler aus Lüchow, kurz vor dem Abriß des Hauses angefertigt.

Die Werbebeschriftung gibt Aufschluss über die Geschäftstätigkeit: Spirituosen- und Weinhandlung, Zigarren, Zigaretten, Tabak, eigene Kaffeerösterei und Kolonialwaren.

Der Anteil an Schaufenster-Werbefläche ist gegenüber der Aufnahme von 1912, insbesondere rechts von der Eingangstür, deutlich reduziert worden. Dieser Teil wirkt hier jetzt fast wie ein Wohnbereich.
Gasthaus "Fröhling´s Marie"

"Das alte Haus auf der Insel

Das älteste Wohnhaus unserer Stadt steht zwischen zwei Jeetzelarmen im früheren „Salzwedeler Koreitz", das von allen Bränden verschont gebliebene ehemalig Gildehaus, die Niemannsche Gastwirtschaft. Nach der im Gebälk angegebenen Jahreszahl ist das Haus um 1532 erbaut worden und galt, als Lüchow noch mit Toren und Wachstuben versehen war, als Herberge für alle, die erst nach Tores Schluß hier ankamen. Es hat oft seinen Besitzer gewechselt. Um 1790 gehörte es einem Gastwirt Goedecke, der es um 1830 an Roffler verkaufte. Roffler übernahm in den 1870er Jahren das Hotel „Zur Krone" und überließ seine Gastwirtschaft dem Wirt Friedrich Niemann. Die Niemannsche Gastwirtschaft war bei den Jeetzelschiffern, die ihre Kähne auf der Fahrt nach Salzwedel bei der Mühlenjeetzel durchschleusen mußten, eine beliebte und viel besuchte Gaststätte"6

Die Aufnahme stammt aus dem Jahr 19012
Personen während eines Umzuges vor Fröhling´s Gasthaus, Inhaber Wilhelm Niemann
"Haus Pott´sche Erben", links. Rechts daran schief angelehnt "Fröhling´s Marie"

Oberst von Pott, ein Soldat in russisch-kaiserlichen Diensten, vermachte in seinem Testament 1862 seiner Schwester das „Wohnhaus auf der Insel".5

Das Foto4 entstand um 1960, kurz vor dem Abriß
Die Schleusenanlagen

Eine Postkarte7 mit Stempel von 1909. Der Blick geht entlang der rechten Gebäudeseite des Hauses Lücking nach Norden. Rechts die Schleusenmühle, die spätere Mühle Behrens. Zwei unterschlächtige Wasserräder befinden sich in dem Fachwerkgebäude.

Ein Foto3 von annährend gleichem Standpunkt, ca. 20 Jahre später entstanden, weist bereits starke Veränderungen auf. Das Fachwerkgebäude rechts steht nicht mehr und hinter der Mühle ragt ein großer Schornstein empor.

Ein Blick aus der Gegenrichtung von Norden
(Im Hintergrund erkennbar das von Dannenbergsche Gutshaus)

Alfred Behrens, auch der Fotograf dieses Motives, kommentierte:
Links war früher das Wasserrad der Mühle und recht die Schleusentore zwischen Ober- und Unter-Jeetzel.

Befestigung und Brückengeländer der alten Jeetzelbrücke mit Treppe zum Bootsanleger.1
Links und rechts entlang der Insel

Der westliche Jeetzelarm von Süden gesehen3. Links Bebauung der Mauerstraße mit Bootsanleger, rechts die Insel.
Ernst Stock3 hat die passende Zeit gewählt, um auch dieses malerische Motiv von der Jeetzelbrücke aus, entlang der westlichen Seite der Insel in Richtung Süden, aufzunehmen.
Der westliche Jeetzelarm von der Brücke aus in Richtung Norden. Rechts die Spitze der Insel.
Die Jeetzel wird hier Jeetze benannt, eine damals durchaus übliche Variante. Im Bereich der sogenannten neuen Bundesländer heißt sie heute noch so.

Postkarte, verschickt 1903, produziert von Verlag August Ludwig, Lüchow. Foto: Richard Blumenthal, Hannover
Das Foto erzeugt schon etwas Wehmut, wenn man sieht, welch schöner Anblick verloren gegangen ist. (Über die Notwendigkeit der Kanalisierung für insbesondere den Hochwasserschutz wird es allerdings keine Diskussion geben müssen.)

Der Fotograf1 stand auf der neuen Jeetzelbrücke in der Theodor-Körner-Straße.

Die nächsten Motive widmen sich dem Abriß der Insel.
Abriß Haus Pott´sche Erben
Abriß Fröhlings Marie1
Abriß Haus Lücking1
Hier noch einmal die Gesamtsituation von Süden aus betrachtet.
Es stehen nur noch die Reste des letzten Hauses1
Der "nackte" südliche Teil nach dem Abriß der Gebäude und Entfernung des Bewuchses.
Im Hintergrund die 1956 (?) fertiggestellte neue Brücke im Verlauf der Theodor-Körner-Straße.
Nach dem Abriß der Gebäude wurde mit schwerem Gerät das Erdreich weggebaggert.
Neubau der Brücke
1. Foto: Albert Sültemeier, Maler aus Lüchow ↩
2. Foto: Carl Gerlach, Uhrmachermeister aus Lüchow, Lange Straße 65 ↩
3. Foto: Ernst Stock, Lüchow ↩
4. Foto: Hermann Niemann ↩
5. Lüchow - Wandel des Stadtbildes in 120 Jahren, Torsten Schoepe, Texte Peter Schoepe, 1985, Seite 30 ↩
6. Chronik der Stadt Lüchow; 1949; Verleger: Ernst Köhring; Seite 87 ↩
7. Verlag Carl Sander, Lüchow ↩
Archiv-ID: 4298422
Kommentare
Andrea Orth 03.08.2023
Anmerkung zum Bild mit der Unterschrift "Ein Blick aus der Gegenrichtung von Süden". Man blickt von Norden, die Jeetzel fließt nach Norden zur Elbe, der kleine Wasserfall zeigt die Fließrichtung an.
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