Ausstellung "Historische Fotografie vom Bäuerlichen Leben im Rundling"

Nur selten haben die Fotografen sich wie Ernst Stock selbst fotografieren lassen. Die meisten sind unbekannt.
Zusammenstellung von Fotos zu einer Ausstellung während der Kulturellen Landpartie 2015 in einer Kartoffelscheune in Groß Wittfeitzen und jetzt aktuell (Juni 2023) in Auszügen in der Tourist Information in Lüchow

Die beiden Autoren dieser Ausstellung füllen seit 10 Jahren die digitale Fotodatenbank im wendland-archiv.de mit alten Fotos, die dem Archiv und damit der Öffentlichkeit von zahlreichen Bildgebern zur Verfügung gestellt werden. Den Bildgebern kann gar nicht genug gedankt werden. Die Ausstellung soll für alle eine Anerkennung sein. Auch für Fotos, die hier nicht abgebildet werden.

Die Fülle an aussagekräftigen Bildern hat die Autoren animiert, eine Auswahl mit wenigen Hintergrundinformationen zu versehen (die Fotos sprechen eigentlich für sich) und mit diesen das Leben im wendländischen Dorf vor 100 Jahren zu dokumentieren.

In jenen Jahrzehnten reisen Fotografen durch die Dörfer und nehmen die Familien mit ihren Höfen auf Glasplatten auf. Jede Familie, die es sich irgendwie leisten kann, lässt sich ablichten. Viel Zeitaufwand für diese Außenaufnahmen ist notwendig, denn der Fotograf hat Ansprüche an den Aufbau und der Bauer will seinen Betrieb darstellen: sein Gespann, sein Haus und seine Leute. Der Aufbau und die Kleidung zeigen die Hierarchie der Belegschaft. Alle müssen still stehen. Kinder suchen Schutz, denn „geknipst werden“, das könnte weh tun. Zumeist kauft die Familie ein Foto oder auch mehrere in Postkartengröße. Hier und da ist eines dieser Fotos 100 Jahre aufgehoben worden und gelangte an das Archiv.

Ganz ungewöhnlich verhält sich Pastor Koch in Zebelin 1911. Er kauft dem Fotografen alle Fotos aus seinem Kirchspiel ab und legt ein Album mit Ort und Namen an. Dieses Album mit 65 Aufnahmen hat der Enkelsohn Philipp Kornstädt dem Archiv zur Veröffentlichung überlassen. Ein Highlight für die Geschichte der Dörfer.

Neben den aufwändig inszenierten Aufnahmen von Fotografen liegen spätestens aus den 1920er Jahren auch private Hobbyfotografien vor. Diese „Schnappschüsse“ zeigen trotz möglicherweise geringerer Fotoqualität ungeschminkte Szenen des dörflichen Lebens.
 
Verwendet wurden Fotos aus den Sammlungen von
Michael Kablitz, Barbara Jungklaus, Dr. Dirk Wübbenhorst, Dr. Ulrich Schröder, Heinrich Schulz, Carola McRae, Erich Haacke, Ilsabe Kulow, Hermann Winterhoff, Holger Schulz, Irene Burmeister, Jutta Hinkelmann, Erhard Koch, Heinz Cohrs, Holger Schulz, Karl-Hermann Kath, Otto Kiehn, Philipp Kornstädt, Burghard Kulow, Erich Haacke, Gerhard Basedow, Marlies König, Inge Pehlke, Irene Burmeister, Fritz von Blottnitz, Joachim Schulz, Rüdiger Koß, Rundlingsverein, Stadtarchiv Lüchow, Wilfried Seide, Willi Griebke und Torsten Schoepe.
Hinweise:

Die Ausarbeitung der Ausstellungstafeln haben im Jahr 2015 Burghard Kulow (Bildauswahl und Texte) und Torsten Schoepe (Grafik und Druck) vorgenommen. In den damaligen Bildunterschriften wurden teilweise die IDs der Bilder angegeben. Durch einen "relaunch" des wendland-archiv.de sind diese leider nicht mehr gültig, allerdings noch an den Bildern gespeichert. Falls sie sich für einzelne Bilder interessieren, können diese von den Administratoren noch "gefunden" werden. Die Ausstellungstafeln können durch mehrfaches Anklicken deutlich vergrößert werden, so dass selbst die Bildunterschriften lesbar werden.

Doch nun viel Spaß bei der Reise an den Anfang des letzten Jahrhunderts in den Rundlingen!
Der Dorfplatz im Rundling

Der Dorfplatz war zwar wenig oder gar nicht befestigt und teilweise mit Gras bewachsen, aber als Weide kaum geeignet. Kühe hüten war durchaus Aufgabe von Kindern und Alten. In Beutow wird sicherlich nur eine Weile auf die Kühe aufgepasst, während der Stall ausgemistet wird.

Im abgelegenen Dorf Beseland beobachten die Kinder mit gehöriger Distanz ein ungewöhliches Ereignis: Ein Auto ist ins Dorf gefahren.

Teiche oder "Notkuhlen" auf dem Dorfplatz bieten eine gewisse Menge Löschwasser, Tränke für das Vieh, Paradies für Enten und Gänse und wenn der Teich genug Wasser enthält, dient er auch am Waschtag zum Spülen der Wäsche.

In Rehbeck ist es einem Fotografen gelungen, den Rundling als solchen auf einem Foto deutlich zu machen.
Wohnen und Arbeiten im Hallenhaus

Innenaufnahmen der Bauernhäuser sind in der frühen Zeit der Fotografie sehr selten.

Die aufgenommene Groot Dääl befindet sich in einem Vierständerhaus des
19. Jahrhunderts, das am hinteren Ende einen größeren Wohntrakt besitzt.

Die Situation in den älteren Häusern zeigt an der Rückwand der Groot Dääl den Kochbereich, die offene Feuerstelle mit dem Schibbogen als Schutz gegen Funkenflug. Es gibt keinen Schornstein. Der Rauch zieht offen nach oben ab.

Die seitliche Tür führt in eine Stube mit ein oder auch zwei kleinen Schlafkammern, den Butzen, die oft nicht größer als ein Doppelbett sind und mit einem Vorhang oder einer Art Schranktür verschlossen werden.
In den ältesten Hallenhäusern endet die Groot Dääl mit dem so genannten Flett, einer Art Querschiff, das beidseitig bis zu den Außenwänden offen ist. In der Mitte befindet sich die Kochstelle (häufig zwei Feuerstellen). Die beiden Seitenräume heißen Luchten und werden als Waschküche oder sonstige Arbeitsräume benutzt. Die strickende Frau sitzt in einer solchen Lucht. Der Mann am Flachsspinnrad sitzt vor der Feuerstelle.

Die beiden ersten Bilder wurden um 1930 aufgenommen und die Fotografen haben offensichtlich Situationen abbilden wollen, die zu dieser Zeit schon sehr selten und fast museal waren. Deshalb kann auch davon ausgegangen werden, dass die beiden Personen jeweils allein in einem sehr alten Haus leben.

Der Mann am Flachsspinnrad sitzt in einem Zweiständerhaus in Grabow, das später lange leer stand und Anfang der 1960er Jahre niederbrannte.

Die strickende Frau wurde von dem Lüchower Fotografen Ernst Stock aufgenommen. Den Ort hat er leider nicht überliefert. Das Foto wurde 1935 in der Kundenzeitschrift des Stromversorgers veröffentlicht.

Tenor des Artikels in der Werbezeitschrift:
Im Wendland hat man lange Zeit keine Neuerungen gewollt. Aber jetzt gewöhnt man sich doch an den Nutzen der Elektrizität. (Tatsächlich wurden erst Anfang der 1930er Jahre die letzten Dörfer an das Stromnetz angeschlossen.)

Über das dritte Bild ist noch weniger bekannt. Das offene Feuer ist durch eine "Küchenhexe" und sogar einen Elektroherd ersetzt. Ansonsten sieht man die althergebrachte Situation. In der Lucht steht der Esstisch für die Familie.
Bauernfamilien und Pastor Koch

Pastor Koch verdanken wir eine ganze Reihe von Aufnahmen der Bauernfamilien seiner Kirchengemeinde.

Der ungewöhnliche Aufbau lässt einen hintergründigen Humor des Pastors vermuten und der Fotograf geht darauf ein. Zählen Sie auch sechs Kinder?
Im Vordergrund stehen die fünf größeren Kinder. Wie die Bauern wollen auch sie ein Gespann vorführen. Sie haben weder Pferde noch Kühe aber eine Ziege (Die Kuh des "Kleinen Mannes"). Der Pastor selbst hält sich bescheiden im Hintergrund. Allerdings hat er seine Frau mit dem Baby auf dem Arm nahezu versteckt.

Zwei Beispiele aus dem 1911 angelegten Album von Pastor Koch.

Der Fotograf, der leider nicht namentlich bekannt ist, inszeniert den in jener Zeit üblichen Aufbau mit besonderer Akribie.
Familie Hoyers in Marlin führt ihr Kuh- oder Ochsengespann vor. In der dörflichen Sozialschichtung sind sie "Kuhbauern". Immerhin hat der Jüngste ein Holzpferdchen.
Vielleicht drückt es den Zukunftstraum der Familie aus? Der Junge, der den Ochsen beruhigt (alle müssen lange stillhalten) ist wegen der deutlichen Ähnlichkeit sicherlich ein Bruder der drei Söhne, die eng bei den Eltern stehen. Der Mann mit dem Fahrrad könnte ein unverheirateter Bruder des Bauern sein, der mit auf dem Hof wohnt. Das Fahrrad steht jedenfalls deutlich im Vordergrud. Vielleicht ist der Mann in Eile? Die Familie hat sich für den Fototermin nicht in Schale geworfen und die Arbeit geht auch gleich weiter. Der volle Mistwagen muss aufs Feld gebracht werden. Es liegt weiterer Mist vor der Stalltür. Das Alter des Zweiständerhaus läßt sich anhand der Fachwerkgestaltung auf etwa 200 Jahre schätzen. Es wirkt sehr gepflegt. Das Haus steht noch in Marlin aber bis zur Unkenntlichkeit umgebaut. Im Hintergrund gibt es einen Ziehbrunnen mit sehr langem Bronnbohm.
Das lässt auf einen etwa 4 Meter tiefen Grundwasserspiegel schließen. Da ist Wasser schöpfen eine mühsame Arbeit.

Familie Holzen in Kukate besitzt ein stattliches Vierständerhaus von 1865. Die Familie hat sich mit den beiden Töchtern für das Foto deutlich fein gemacht. Drei Pferde sind das Statussymbol des Hofes und werden vom Pferdeknecht und einem Jungen vorgeführt, der sichtlich nicht zur Familie aber zum Hof gehört. Im Hintergrund steht eine große Durchfahrtscheune.

Nach diesen ausführlichen Beschreibungen möge der Betrachter Familie Druschen-Schulz selbst interpretieren.
Bauernfamilien präsentieren sich

Bauer Griebke führt alles vor, was nur irgendwie aufs Foto passt: Nicht nur seine Familie und sein Gesinde; er selbst stellt sich neben sein Pferdegespann mit einer "modernen" Mähmaschine. Die Puten, Gänse und Hühner wurden gut gefüttert, damit sie sich passend versammeln. Der neue Schweinestall im Hintergrund soll offensichtlich mit auf das Bild. Das alte Zweiständerhaus scheint nicht so wichtig. Die beiden Knechte mit Sense und Schaufel wurden so plaziert, dass man hinter ihnen das Katzenloch erkennen kann. Nur eine Frau führt den Haushalt für sechs Personen.

Stolz führt Bauer Seißelberg in Rehbeck sein Vier-Pferdegespann vor. Er zeigt sich als Reiter und Jäger. Das Foto enthält besonders viele Details, Symbole und Hinweise.

Die Familie mit der neuen Mähmaschine und den vorgeführten Schweinen ist leider nicht namentlich bekannt. Auch der Ort wurde noch nicht identifiziert.
(Das Wendland Archiv wartet auf Hinweise.)
Die Großfamilie in Leisten wählt eine gänzlich ungewöhnliche Aufstellung. Es scheint, dass die blühende Wiese ins Bild soll, aber auch die 15 Personen, das neue Wohnhaus, die Pferde und die Hofgebäude.
Kühe als Arbeitstiere

Seit alters wurden in der Landwirtschaft Rinder als Zugtiere eingesetzt und zwar durchaus auch die Milchkühe, nicht nur Ochsen. Viele Kleinbauern im Wendland konnten sich keine Pferde leisten. Um 1950 sah man vereinzelt noch ein Kuhgespann am Wagen oder am Pflug.
Auf dem Hof und im Stall

Nur selten lassen sich die Familien, wie hier die Siebers-Schulz in Marlin, vor der Hofseite ihres Hauses fotografieren. Entsprechend wenige Fotos existieren vom Wohnteil der wendländischen Bauernhäuser. (Privatbereich).

Sowohl in Marlin als auch in Breese i.Br. sollte sicherlich gezeigt werden, wie fein alles neu gemacht worden ist. Ansonsten ist der Hof, umgeben von Scheunen und Ställen, täglicher Arbeitsbereich und sicherlich kaum repräsentativ aufgeräumt. Aber die Sau mit den ungewöhnlich vielen Ferkeln war doch ein Foto wert.

Die beiden Szenen beim Schweine füttern (Frauenarbeit!) sind besonders gelungene "Schnappschüsse", wie man sie selten findet.
Federvieh und Eierverkauf

Federvieh ist im Dorf allgegenwärtig: Hühner, Gänse, Enten, Puten. Die Versorgung obliegt den Frauen (und Kindern).

Tätig sind nur Frauen. Der Mann im Hintergrund ist sicherlich der Fahrer des LKW. Allerdings sind im Vorstand der Geflügelzucht- und Eierverkaufs-Genossenschaft nur Männer mit dem Vorsitzenden Lehrer Tribian aus Rehbeck.
Winterarbeit

Kann man Kälte deutlicher zeigen? Das Schnauben der Pferde kann man fast hören. Der kalte Wind bewegt den schweren Mantel und man sieht dem Bauern vor der Mühle an, dass er schon ganz durchgefroren ist.

Zu den Hauptarbeiten im Winter gehört es, den Stallmist und die Jauche auf den Acker zu fahren. Zwei Kühe ziehen einen Mistwagen. Warum auf dem nächsten Bild drei Pferde für etwa die gleiche Last? Das dritte Pferd (links) hilft nicht ziehen. Es wird als "Mitläufer" angelernt.

Herr Wolter steht an der hohen Jauchepumpe und befördert die Gülle aus der Grube unter dem Misthaufen (rechts) in das Jauchefass auf dem Leiterwagen, von dem für diesen Zweck die Seitenplanken oder Leitern abgenommen wurden. Da Wolter von kleiner Statur ist, hat er sich auf einen Hauklotz gestellt. Er muss sich nach hinten lehnen, um den großen Schwengel der Pumpe zu bedienen. Man sieht förmlich, wie er mit den Füßen balanciert. Gleich wird er absteigen, das Auslaufrohr der Pumpe vom Fass abnehmen und über den Misthaufen schwenken oder vorne auf den Eimer legen. Das Pferd ist eingespannt und wartet geduldig auf die nächste Fahrt zum Acker.
Milchwirtschaft

Im Sommer bleiben die Kühe in der Regel auf der Weide oder werden zum Melken und für die Nacht in den Stall geholt. Wenn die Weide etwas abseits vom Hof liegt, fahren die Frauen mit dem Fahrrad oder mit gehen mit einem Handwagen zum Melken. Die Reinigung der Milch geschieht mit einem Seier, ein Trichter mit einliegendem Filterpapier. Das ist alles.

Molkereien gibt es erst seit dem Ende des 19. Jahrhunderts. Seitdem müssen alle im Dorf zu einem festen Zeitpunkt mit dem Melken fertig sein und die Milchkannen zum Milchbock / zur Milchbank auf dem Dorfplatz bringen. Daraus ergibt sich ganz regelmäßig ein morgendlicher Informationsaustausch (Klönschnack).

Der Kutscher der Molkereigenossenschaft muss bei jedem Wetter pünktlich sein und mittags die leeren Kannen zurückbringen. Er kann aber durchaus während der holprigen Fahrt einnicken. Die Pferde kennen den Weg und halten bei jeder Milchbank an.
Der Gemeinderat

Nahezu jedes Dorf ist eine eigenständige Gemeinde, manche haben weniger als 10 Einwohner. Ursprünglich oblag die Verwaltung und die Verbindung zur Obrigkeit dem "Dorf-Schulzen". Im Rundling hatte er den Hof gegenüber vom Dorfeingang. Sein Titel ist in dieser Zeit eigentlich Ortsvorsteher und erst ab 1945 Bürgermeister.

Das Foto der Gemeindeversammlung wurde um 1907 für eine Postkartenserie vom Wendland auf einer Theaterbühne in Szene gesetzt. Gerade deshalb vermittelt es, wenn auch klischeehaft, die Stimmung einer typischen Versammlung der Hauswirte eines Dorfes.

Der Ortsvorsteher hat sein Büro in der eigenen Stube. Im Hintergrund verdeckt der Vorhang seine Butze. Man kann die amtlichen Angelegenheiten bei ihm abends und am Wochenende erledigen. Wenn er eine Versammlung einberufen will, heftet er seine Mitteilung an einen Stock und dieser "Knüppel" wird von Hof zu Hof weitergereicht, in "Umlauf" gegeben.
Dachdeckung mit Stroh

Die Dächer waren im Wendland mit (Roggen-)Stroh gedeckt, nur selten mit Reet.
Die Roggenhalme waren allerding erheblich länge als heutiges Getreidestroh. Dieses Dachdeckmaterial stand aus eigener Produktion zur Verfügung und zumindest das Ausbessern des Daches konnte der Bauer selbst verrichten.
Brandkatastrophen

Zahlreich waren die Brandkatastrophen, die oft ganze Dörfer in Schutt und Asche gelegt haben. Davon zeugen heute noch die Inschrifen an den Häusern. Bei genauem Hinsehen fällt in manchen Dörfern auf, dass fast alle Häuser im selben Jahr erbaut wurden. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts hatte man keine organisierte Feuerwehr. Alle Bewohner halfen löschen so gut es ging. Aber das Löschwasser musste mit Ledereimern aus der Notkuhle oder einem Teich geschöpft und in einer Menschenkette zur Brandstelle gereicht werden. Hoffnungslos, wenn ein Strohdach brannte.

Die Freiwillige Feuerwehr Jameln wurde im Jahr 1900 gegründet. Auf dem Foto von 1905 führt sie auf dem ersten Feuerwehrfest eine Löschübung vor. Die größere Pumpe auf einem Pferdefuhrwerk wird von sechs Männern bedient, die kleinere auf Handwagen benötigt vier Männer.

1928 konnte die Feuerwehr im Dorf Kacherien nur wenige Häuser retten. Die Ruinen qualmen noch, als ein unbekannter Fotograf die traurige Szene auf mehreren Fotos festhält. Auf diesen Fotos ist nichts inszeniert.
Getreideernte

Vor der Maschinisierung war ein großes Team für die Getreideernte notwendig.
Die Schnitter mähen mit Sensen das Korn. Frauen nehmen es bündelweise auf und binden mit einer handvoll Halmen Garben, die zu sechst oder acht zu Stiegen aufgestellt werden, wo sie ein paar Tage trocknen müssen.

Als erste wurden die Sensen durch eine einfache Mähmaschine (Mähbalken) ersetzt.
In der nächsten Stufe konnte die Maschine (Selbstbinder) Garben binden. Alle andere Arbeit (die der Frauen) blieb dieselbe.

An schönen Augusttagen war die Landschaft geprägt von den aufgereihten Stiegen.
An der Dreschmaschine

Am Anfang des Jahrhunderts wurde noch mit dem Dreschflegel in der Groot Dääl oder in der Scheune das Korn aus den Ähren geschlagen. Die ersten kleinen Maschinen wurden von einem Göpel oder bald von einer mobilen Dampfmaschine (Lokomobile) angetrieben. Davon liegen keine Fotos vor.

In Redemoißel sieht man eine schon komfortable Dreschmaschine, angetrieben durch einen Benzolmotor. Das Getreide ist nach der Ernte auf dem Dachboden des (später bekannt gewordenen alten) Schafstalls gelagert worden. Von dort wird es durch die Luke auf die Maschine gegeben. Hinter der Maschine liegt das ausgedroschene Stroh, links die Spreu und auf dem Wagen die Säcke mit dem eigentlichen Erntegut.

In Rehbeck wird das Getreide direkt vom Erntewagen auf die Dreschmaschine gereicht. Zur Zeit des Fotos (um 1935) gibt es in Rehbeck schon Strom und die Maschine wird durch einen Elektromotor angetrieben. (Leider nicht im Bild, Kabel mit Ankern über die Oberleitung gehängt). Erkennbar ist aber, wie sehr es bei der Arbeit staubt. Eine Erklärung dafür, dass der Bauer hier umgehend sein Ernteergebnis mit der Dezimalwaage wiegt, ist nicht überliefert.
Kartoffelernte

Die Kartoffelreihen werden mit dem durch Pferde gezogenen Klabuster hoch geworfen, so dass die Kartoffeln lose oben liegen. Der Bauer heuert möglichst viele Helfer an, die auf Knien über den Acker rutschen und die Tüffeln in Körbe aus Weidengeflecht sammeln. Die stärksten Helfer schütten die Körbe in Säcke und hieven diese (bis zu 2 Zentner schwer) auf den Wagen.

Die Lagerung für den Winter erfolgt in einer Miete: Die Kartoffeln werden als kleiner Hügel aufgehäuft, mit einer Schicht Stroh und einer Schicht Erde abgedeckt.
Kartoffeln zum Verkauf in die Städte werden an den Bahnhöfen in Güterzüge verladen.

Die Kaffeepause gleicht sich bei allen Feldarbeiten und bleibt den Beteiligten in nostalgischer Erinnerung. Es gibt jede Menge Kuchen, in der Regel auf großen Blechen auf Vorrat gebacken und zu "Brocken" getrocknet. Man stippt ihn ein in den Zichorienkaffe oder Bonisto. In guten Zeiten gibt es auch "echten Bohnenkaffee".

Zwei Fotos aus Rehbeck zeigen nahezu das gleiche Motiv und erzählen doch mit ihrem kleinen Unterschied eine Geschichte. Nach dem ersten "Knipps" fällt dem Fotografen (hier der Bauer selbst) auf, dass er die Pferde nur von hinten im Bild hat. Er fordert den rechts sitzenden Jungen auf, die Pferde schöner ins Bild zu führen und macht dann ein zweites Foto. (Später klebt er allerdings beide ins Album.)
Große Wäsche

Einmal im Monat (oder vielleicht doch öfter?) ist Waschtag. Am Vortag in Lauge eingeweichte Wäsche wird in großen Kesseln gekocht. Der Wäschestampfer ist ein technisches Instrument um Luft in die Lauge zu pumpen. Das Wasser muss mit dem Eimer aus dem Ziehbrunnen geholt werden. Weil man zum Spülen besonders viel Wasser braucht, wird die nasse Wäsche mit einem Handwagen zur Waschkuhle, zum Teich oder zur Jeetzel gebracht. Zumeist treffen sich dort mehrere Frauen mit ihrer Wäsche, weil sie den Waschtag verabredet haben. Das Spülen vom Boot aus ist wohl eher eine Ausnahme.
Archiv-ID: 582939
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