1950 - Im Niemandsland bei den Dömitzer Brücken
Gras wächst auf der Bundesstraße 191 - Im "Niemandsland" der Dömitzer Elbbrücken
Eine Bundesstraße ohne Pflaster, eine Eisenbahnbrücke ohne Gleis, hunderte von ausgebrannten Eisenbahnwaggons auf einer Strecke mit demolierten Wärterhäuschen und Menschen, die im Brückenkopf der gesprengten Elbbrücke hausen, das alles gibt es heute noch mitten in Deutschland - am Rande des Kreises Dannenberg im sogenannten "Niemandsland" an der Elbe, wo in die klaffenden Lücken der gesprengten Dömitzer Elbbrücken sich der "Eiserne Vorhang" gesenkt hat und das früher so belebte Fleckchen Erde zu einem gottverlassenen Winkel machte.
Wer in diese Einsamkeit vorstoßen will, fährt auf der Bundestraße 191 über Dannenberg in östlicher Richtung bis ihn ein Schild zum Halten auffordert. "Achtung! Reichstraße 191 durch Zerstörung der Elbbrücke unterbrochen und für den Verkehr aller Art gesperrt", steht darauf. Von diesem Punkt an ist auf der breiten Straße kaum etwas vom Pflaster zu sehen. Tieffliegergeschosse, Treckwagen, Wehrmachtstroß und Panzer haben nicht viel von der Fahrbahn übrig gelassen. Nun wächst Gras darüber. In den Gräben liegen noch einige ausgebrannte Fahrzeuge, aufgeplatzte Benzinkanister und anderer Schrott. Man sieht es den Trümmern an, daß sie schon fünf Jahre hier liegen. Aber sie erinnern immer noch an die letzten Tage vor der Kapitulation, wo der Krieg über den Kreis Dannenberg hinwegrollte. Auf der fünf Kilometer langen Strecke, die man zurücklegt, um zur gesprengten Elbbrücke zu gelangen, begegnet einem kaum ein Mensch.
Bundesstraße 191 Dannenberg - Dömitz in Richtung Dömitzer Brücke. Das Straßenpflaster ist "verschwunden".
Brücke über die Eisenbahnlinie.
Die Straße führt über die Eisenbahnlinie. So weit das Auge reicht, stehen hier ausgebrannte, zerschossene Güterwaggons. Die Strecke, die früher nach Dömitz und Wittenberge führte, dient der Bundesbahn heute als Abstellgleis; ein Eisenbahnfriedhof mit verlassenen, demolierten Wärterhäuschen.In Höhe des Elbdeiches ist die Straße vollkommen abgesperrt, denn von hier aus geht es direkt in die Elbe. Der große Bogen dieser schönen, neuen Brücke mußte dran glauben. Unheimlich gähnt die Lücke. An den Pfeilern hängt Stacheldrahtgewirr.Etwa 1,5 km stromaufwärte liegt die einen Kilometer lange Eisenbahnbrücke; mit ihren 26 Bögen ein ansehnliches Bauwerk. Im gegenüberliegenden Dömitz sieht man Menschen gehen, hört Hähne krähen und Hunde bellen. Das Städttchen liegt so greifbar nah und doch so fern. Die Dömitzer Stadtverwaltung bemüht sich bei ihren ostzonalen Reichsbahnstellen um die Wiederherstellung der Eisenbahnbrücke. Durch einen dann möglichen Interzonenverkehr könnte die Stadt wirtschaftlich gesunden. Doch bis wieder Züge über die Brücke rollen können, dürfte noch etliches Wasser die Elbe talwärts fließen. Ein großer Bogen ist vollkommen herausgesprengt worden, drei kleine sind schwer beschädigt. Die Schadenstellen liegen über der östlichen Hälfte des Stroms, gehören also zur Ostzone und müßten von dort wieder instand gesetzt werden. Aber allein die Bergung der Brückentrümmer konnte seinerzeit erst nach langwierigen Verhandlungen vorgenommen werden. Als die westliche Stromverwaltung die gefährlichen Schifffahrtshindernisse aus dem Flußbett beseitigen wollte, stieß sie auf östlichen Widerstand und konnte schließlich mit der Arbeit beginnen, nachdem die Zusicherung gegeben worden war, den geborgenen Schrott am Ostufer der Elbe abzuliefern. Auf der westlichen Brückenhälfte sind Gleis und Laufsteg demontiert worden, weil das Material anderweitig gebraucht wurde. Der Güterwaggonfriedhof reicht bis an den Brückenkopf, der mit seinen roten Türmen auf die alte Festung Dömitz hindeutet.Und in diesen Türmen wohnen Menschen. Menschen, die das Schicksal über den Strom vertrieben hat und die in den verlassenen Turmmauern ein Obdach fanden. Es handelt sich um den enteigneten Grundbesitzer aus dem Brandenburgischen, der mit seiner Familie diese seltsame Wohnung bezogen hat. Er hat die Fischerei auf der Elbe gepachtet und versucht es erneut mit einer kleinen Nerzzucht. Die schwer absetzbaren Elbfischchen verfüttert er an seine wendigen Pelztiere und kommt auf diese Weise auch zu einem Erlös."Das Leben ist hart, aber man darf es nicht aufgeben", meint der Fischer und macht sich an seinen Netzen zu schaffen. In der Turmbehausung ist es an heißen Tagen zwar angenehm kühl, doch sorgen die 1,5 Meter dicken Mauern, daß die Feuchtigkeit an den Wänden nie verschwindet. Da durch die engen Fenster nur wenig Licht in den Raum dringt, wurde der gesamte Türrahmen mit Glas versehen und sorgt für Helligkeit. Mit den notwendigsten Möbeln ausgestattet, die mühsam stückchenweise über die Elbe geschafft werden mußten, bietet die Unterkunft nicht viel Platz. Das Söhnchen des Fischers und seine Eltern haben sich an die Enge gewöhnen müssen. Man sieht es den Menschen an und ihren Möbeln und den Bildern an der Wand, daß sie aus einer anderen Umgebung stammen und einst bessere Zeiten gesehen haben. Im anderen Turmgewölbe ist die Gerätekammer untergebracht. Einige Hühner gackeln. Der Junge spielt an den zertümmerten Eisenbahnwaggons, und Karo, der seinem Herrchen in diese Einsamkeit gefolgt ist, hält treue Wacht.Der Fischer und die Einwohner von Kaltenhof, dem kleinen Dörfchen hinter dem Deich, das eigentlich zum Kreisgebiet Ludwigslust in Mecklenburg gehört und durch die Zonengrenzziehung verwaltungsmäßig dem Kreis Dannenberg angegliedert wurde, sie mögen sich wohl an diese Abgeschiedenheit gewöhnt haben, so daß diese ihnen nichts Sonderliches mehrt bedeutet. Jeder andere aber, der in diesem Winkel landet, hat das Gefühl, in einem Niemandsland zu sein. In einem Niemandsland, durch das auf dem Elbdeich ein Grenzschutzposten mit umgehängtem Gewehr Streife zieht und das in seiner Einsamkeit zum Paradies für die Vogelwelt wurde. Ein Niemandsland mit zwei gelähmten Verkehrsadern; einer Bundesstraße, auf der die Margeriten blühen und einer Eisenbahnstrecke, deren Schienenstrang verrostet.esprengten Elbbrücke zu gelangen, begegnet einem kaum ein Mensch.
Die Straße führt über die Eisenbahnlinie. So weit das Auge reicht, stehen hier ausgebrannte, zerschossene Güterwaggons. Die Strecke, die früher nach Dömitz und Wittenberge führte, dient der Bundesbahn heute als Abstellgleis; ein Eisenbahnfriedhof mit verlassenen, demolierten Wärterhäuschen.In Höhe des Elbdeiches ist die Straße vollkommen abgesperrt, denn von hier aus geht es direkt in die Elbe. Der große Bogen dieser schönen, neuen Brücke mußte dran glauben. Unheimlich gähnt die Lücke. An den Pfeilern hängt Stacheldrahtgewirr.Etwa 1,5 km stromaufwärte liegt die einen Kilometer lange Eisenbahnbrücke; mit ihren 26 Bögen ein ansehnliches Bauwerk. Im gegenüberliegenden Dömitz sieht man Menschen gehen, hört Hähne krähen und Hunde bellen. Das Städttchen liegt so greifbar nah und doch so fern. Die Dömitzer Stadtverwaltung bemüht sich bei ihren ostzonalen Reichsbahnstellen um die Wiederherstellung der Eisenbahnbrücke. Durch einen dann möglichen Interzonenverkehr könnte die Stadt wirtschaftlich gesunden. Doch bis wieder Züge über die Brücke rollen können, dürfte noch etliches Wasser die Elbe talwärts fließen. Ein großer Bogen ist vollkommen herausgesprengt worden, drei kleine sind schwer beschädigt. Die Schadenstellen liegen über der östlichen Hälfte des Stroms, gehören also zur Ostzone und müßten von dort wieder instand gesetzt werden. Aber allein die Bergung der Brückentrümmer konnte seinerzeit erst nach langwierigen Verhandlungen vorgenommen werden. Als die westliche Stromverwaltung die gefährlichen Schifffahrtshindernisse aus dem Flußbett beseitigen wollte, stieß sie auf östlichen Widerstand und konnte schließlich mit der Arbeit beginnen, nachdem die Zusicherung gegeben worden war, den geborgenen Schrott am Ostufer der Elbe abzuliefern. Auf der westlichen Brückenhälfte sind Gleis und Laufsteg demontiert worden, weil das Material anderweitig gebraucht wurde. Der Güterwaggonfriedhof reicht bis an den Brückenkopf, der mit seinen roten Türmen auf die alte Festung Dömitz hindeutet.Und in diesen Türmen wohnen Menschen. Menschen, die das Schicksal über den Strom vertrieben hat und die in den verlassenen Turmmauern ein Obdach fanden. Es handelt sich um den enteigneten Grundbesitzer aus dem Brandenburgischen, der mit seiner Familie diese seltsame Wohnung bezogen hat. Er hat die Fischerei auf der Elbe gepachtet und versucht es erneut mit einer kleinen Nerzzucht. Die schwer absetzbaren Elbfischchen verfüttert er an seine wendigen Pelztiere und kommt auf diese Weise auch zu einem Erlös."Das Leben ist hart, aber man darf es nicht aufgeben", meint der Fischer und macht sich an seinen Netzen zu schaffen. In der Turmbehausung ist es an heißen Tagen zwar angenehm kühl, doch sorgen die 1,5 Meter dicken Mauern, daß die Feuchtigkeit an den Wänden nie verschwindet. Da durch die engen Fenster nur wenig Licht in den Raum dringt, wurde der gesamte Türrahmen mit Glas versehen und sorgt für Helligkeit. Mit den notwendigsten Möbeln ausgestattet, die mühsam stückchenweise über die Elbe geschafft werden mußten, bietet die Unterkunft nicht viel Platz. Das Söhnchen des Fischers und seine Eltern haben sich an die Enge gewöhnen müssen. Man sieht es den Menschen an und ihren Möbeln und den Bildern an der Wand, daß sie aus einer anderen Umgebung stammen und einst bessere Zeiten gesehen haben. Im anderen Turmgewölbe ist die Gerätekammer untergebracht. Einige Hühner gackeln. Der Junge spielt an den zertümmerten Eisenbahnwaggons, und Karo, der seinem Herrchen in diese Einsamkeit gefolgt ist, hält treue Wacht.Der Fischer und die Einwohner von Kaltenhof, dem kleinen Dörfchen hinter dem Deich, das eigentlich zum Kreisgebiet Ludwigslust in Mecklenburg gehört und durch die Zonengrenzziehung verwaltungsmäßig dem Kreis Dannenberg angegliedert wurde, sie mögen sich wohl an diese Abgeschiedenheit gewöhnt haben, so daß diese ihnen nichts Sonderliches mehrt bedeutet. Jeder andere aber, der in diesem Winkel landet, hat das Gefühl, in einem Niemandsland zu sein. In einem Niemandsland, durch das auf dem Elbdeich ein Grenzschutzposten mit umgehängtem Gewehr Streife zieht und das in seiner Einsamkeit zum Paradies für die Vogelwelt wurde. Ein Niemandsland mit zwei gelähmten Verkehrsadern; einer Bundesstraße, auf der die Margeriten blühen und einer Eisenbahnstrecke, deren Schienenstrang verrostet.esprengten Elbbrücke zu gelangen, begegnet einem kaum ein Mensch.
Blick auf die Eisenbahnstrecke mit dort abgestellten, zerstörten Waggons.
BGS an der Straßenabsperrung
Die gesprengte Straßenbrücke
Die gesprengte Eisenbahnbrücke