Wendischer Hof auf der Jeetzelinsel

Wustrow
Bahnhofstraße 8
Datum: ca. 1910
Baujahr: 1897

1963 wurde das Haus abgerissen.

EJZ vom 6.5.1963:

"Hotel vom Fluß verdrängt
Der "Wendische Hof" ist nicht mehr • Lebenswerk der Familie Kranz

Das große Haus muß der Jeetzel-Regulierung weichen, das 1897 von Albert Kranz erbaute Hotel steht auf einer Insel.

Albert Kranz stammte aus Coppenbrügge bei Hameln und war, bevor er sich in Wustrow niederließ, Vertreter für eine Uelzener Weinfirma, bei der er auch die Destillation erlernte. Seine Vertreter-Reisen mit Pferd und Kutsche führten ihn auch in unseren Kreis und schließlich nach Wustrow, wo er im damaligen "Deutschen Haus" mit den beiden unverheirateten Schwestern bekannt wurde, die dieses Haus führten und dafür einen Pächter suchten. Kranz, des Reisens müde, pachtete die Gaststätte, zu der auch das heutige "Fehlhaus" gehörte; gleichzeitig wurde er auch Pächter der Bahnhofsgaststätte. Im "Fehlhaus" rief Kranz den noch heute bestehenden "Bürgerball", jetzt in "Weihnachtsball" umgetauft, ins Leben. Als die Schwestern starben und die Erben das "Deutsche Haus" vergrößerten, baute Kranz selbst ein Hotel auf dem Grundstück Bahnhofstraße 8. Er war in dieser Gegend heimisch geworden.

Am 1. Oktober 1897 eröffnete er das Hotel "Wendischer Hof". 1899 heiratete er Hermine Schwencke aus Hamburg, die als Frau Kranz im Lüchower Gebiet sehr bekannt geworden ist. Sie war eine Musikfreundin, unterrichtete in Gesang und Klavierspiel und wirkte als Sopranistin in vielen Konzerten in Kirchen in Lüchow, Uelzen, Hannover, Salzwedel und anderen Städten mit, eine kluge und begabte, mütterliche Frau, die schon mit 54 Jahren verstarb. Ihre beiden Töchter haben die Musikalität geerbt. Sie führten mit dem Vater das Hotel und die Gaststätte, deren gute Küche bekannt war, fort.

1945 hausten neun Monate lang Besatzungstruppen in dem Hotel, während die Familie Kranz bei Freunden Unterschlupf fand. Um so freudiger war das Ereignis des Wiedereinzuges im Februar 1946. Aber im selben Jahre verstarb Kranz im 84. Lebensjahre. Seine Töchter führten das ererbte Unternehmen bis jetzt vorbildlich weiter. Daß dieses Hotel notwendigen landeskulturellen Entwicklungsmaßnahmen zum Opfer fällt, werden viele bisherige Gäste bedauern, unter ihnen vor allem viele Vertreter, die hier eine angenehme Bleibe hatten."
Autor/-in:  Rudolf  Oberst
Quelle:  Sammlung Dr. Rolf  Meyer
Nutzungsrechte: Die Abbildung stammt aus der Sammlung von Dr. Rolf Meyer, Wustrow. Zur Klärung eventueller Urheberrechte und für eine kommerzielle Nutzung wenden sie sich an das Wendland-Archiv.
Gasthaus • Gasthof • Hotel • Jeetzel
Archiv-ID: 60171
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