Die "Zeitung für das Wendland" berichtet am 1. Oktober 1891:

"Zum Zwecke der landespolizeilichen Abnahme der Eisenbahn Salzwedel - Lüchow hatten sich am Montag Mittag, 1 Uhr, die damit beauftragten Herren von der Königlichen Regierung zu Lüneburg, der Eisenbahndirektion Magdeburg, des Betriebsamtes Berlin-Lehrte sowie die Herren Landräthe Erxleben-Lüchow und v. d. Schulenburg-Beetzendorf auf dem Bahnhofe in Salzwedel eingefunden, um mit dem aus Maschine und zwei Personenwagen bestehenden Zuge die Strecke abzudampfen. In den Feldmarken Lübbow und Teplingen hatte die Commission einen mehrstündigen Aufenthalt, da hier von einer ganzen Reihe interessierter Grundbesitzer Wünsche und Beschwerden vorgebracht wurden. Auf dem Bahnhof Wustrow dauerte der Aufenthalt nur drei Minuten, und zehn Minuten darauf, um halb 5 Uhr lief der Zug in unseren festlich und prächtig mit Guirlanden und Blumen, mit Flaggen und Fahnen geschmückten Bahnhof ein, auf welchem eine nach Hunderten zählende Menschenmenge seit dreier Stunden auf das Ankommen des Zuges geduldig gewartet hatte, um einigermaßen enttäuscht dann den Nachhauseweg anzutreten. Man hatte allgemein erwartet, es würde beim Eintreffen des Zuges irgend eine Rede oder wenigstens ein Hurrah vom Stapel gelassen werden. Nichts von alledem geschah. Die Herren der Abnahmecommission stiegen aus den Eisenbahnwagen in die ihrer harrenden stadtseitig gestellten Fuhrwerke und begaben sich mit dem Magistrat und einem Theile der Bürgervorsteher nach dem Hotel Jürgens, wo ihrer ein feines Diner harrte. Im Übrigen waren die Herren vollständig überrascht von dem liebenswürdigen Entgegenkommen, welches ihnen unsere Stadtväter bewiesen, und haben den Eindruck mit sich genommen, daß die Stadt hohen Werth darauf legte, endlich durch den Bau der solange erwarteten Eisenbahn dem großen Verkehr angeschlossen zu werden. Mögen nun auch alle Wünsche in Stadt und Land, die sich an die Eröffnung des Eisenbahnverkehrs knüpfen, voll und ganz in Erfüllung gehen und Handel und Wandel nach allen Richtungen hin blühen und gedeihen!"

Der Bericht in der "Zeitung für das Wendland" vom 3. Oktober 1891 lautet im Auszug:

"Gestern, am 1. October, hat sich das lang erwartete und ersehnte Ereigniß der Eröffnung des fahrplanmäßigen Betriebes der Eisenbahn Salzwedel - Lüchow endlich vollzogen. Pünktlich 7 Uhr 9 Minuten Morgens fuhr der erste aus Maschine, 7 Personen- und 1 Gepäckwagen bestehende Zug in unseren noch vom Montag her im festlichen Schmuck prangenden Bahnhof ein, trotz der Morgenfrühe von einem hundertköpfigen Publikum jubelnd begrüßt. Die Maschine, auf Bahnhof Wustrow feierlichst mit Blumen und Guirlanden geschmückt, brachte in den ihr nachfolgenden Wagen eine ganze Anzahl von Herren aus unserer Nachbarstadt Wustrow, in Begleitung der Schulz´schen Musik-Capelle, die nicht unterlassen wollten, ihren Lüchower Freunden und Bekannten mit dem ersten Eisenbahnzuge einen „Guten Morgen"-Gruß persönlich zu überbringen. Eine halbe Stunde später entführte uns der erste von hier abdampfende Zug die lieben Freunde wieder, mit sich nehmend die Mitglieder des Handelsvereins und die sich ihnen zugesellenden Herren aus Stadt und Land, welche der Nachbarstadt Salzwedel einen Besuch abstatten wollten..."

Die angegebenen Uhrzeiten in den Artikeln deuten auf den frühen Morgen des 1. Oktober und nicht den 27. September als Aufnahmezeitpunkt hin - Sonnenstand und Schattenlänge sind entsprechend. Es ist auch noch nicht der beschriebene 1. Zug mit im Bild, sondern eine einzelne, geschmückte Lok ohne Waggons am rechten Bildrand.

Torsten Schoepe: Als langjähriger Fotograf versuche ich mich mal in die Gedanken von R. Steinbacher zu dem "Fototermin" hinein zu versetzen. Der Zug kommt von links aus Salzwedel im Bahnhof Lüchow an und wird dort so halten, dass die Fahrgäste aussteigen können, also steht der Zug exakt im Bild und die Lok ist nicht wirklich sichtbar. Da es vermutlich ein "offizielles Eröffnungsfoto" geben soll, stellt er diese Aufnahme mit der Menschenmenge und einer Lok kurz vor dem Eintreffen des ersten Zuges aus Salzwedel, wissend, dass dieser nicht ins Bild und zur Bildgestaltung passen wird.