Jameln
Datum: April 1952
Zeitraum: 1946 - 1960
Die Aufnahme wurde von Kurt Schmidt für einen Bericht über Jameln angefertigt und in der "Dannenberger Zeitung" am 16. April 1952 veröffentlicht. Die Bildunterschrift lautete: "Ein Teilausschnitt des malerischen Rundlings Jameln"
"Wir besuchten den alten Rundling Jameln
Die Einwohner hatten Vorliebe für "Gerstennektar" - Funde deuten auf alte Siedlungen
Jameln. Die Erschließung und kulturelle Entwicklung unseres Kreises ist naturbedingt nur langsam vor sich gegangen Fast rein landwirtschaftlich orientiert, war er in früheren Jahrhunderten dünn besiedelt, da er, abgesehen von seiner unzugänglichen Lage, viel sumpfiges Gebiet aufwies. Diese Tatsache äußerte sich besonders markant in Ortsnamen wie Breese im Bruch u. a., die an Sumpf und Moor erinnern. Selbstverständlich war auch die Entwicklung der wenigen kleinen Städte des Kreises entsprechend langsam, und die große Blütezeit der Bürgerkultur mit ihren Zünften und Innungen, wie sie viele andere Städte an Verkehrspunkten des Handels und der Flußübergänge besonders im Mittelalter aufzuweisen hatten, hat bei uns nicht ihre ausgesprochene Blütezeit erreicht.
Trotz dieser Weltabgeschiedenheit aber wurde unser heimatlicher Kreis im Dreißigjährigen Krieg doch in Mitleidenschaft gezogen, und die Kirchenchroniken verschiedener Ortschaften schildern in ihrer lakonischen aber doch eindrucksvollen Art die Not und das Elend des Krieges und seine Begleiterscheinungen, welche die allermeisten Dörfer und Ortschaften unserer Gegend betroffen haben. So berichten die zeitgenössischen Chronisten, daß manche Dörfer nach dem Westfälischen Frieden überhaupt keine, oder nur zwei , drei und vier Einwohner aufzuweisen hatten. Zu den verhältnismäßig wenig betroffenen Ortschaften gehört auch das Dorf Jameln, das in einer kleinen Bodensenke an der Landstraße Dannenberg-Lüchow liegt. Der Name Jameln spricht eindeutig von seiner wendischen Abstammung, wie so manches Dorf unseres Kreises. Die Vermutung liegt nahe daß es seinen Namen seiner Lage verdankt, denn Jama heißt im Russischen ein Erdloch.
Das Dorf selbst hat in der kreisförmigen Anordnung seiner ältesten Bauten einen selten gut erhaltenen Rundling und bietet jedem Altertumsliebhaber ein reizendes malerisches Bild. Da das Dorf keinen nennenswerten Brand in seiner mehrere Jahrhunderte alten Vergangenheit zu verzeichnen hatte, ist das uralte Bild eines wendischen Dorfes erhalten geblieben. Während des letzten Krieges wurde der Jamelner Rundling von den von der Regierung beauftragten Kunstmalern gemalt, damit im Falle einer Zerstörung durch Bombenabwürfe oder anderer Kriegseinwirkungen der Rundling der Nachkommenschaft wenigstens im Bilde erhalten bliebe. Nun hat aber das gütige Geschick Jameln nicht nur „bildlich", sondern in „Natura" erhalten, worüber sich alle Bewohner, mit dem Bürgermeister Kablitz an der Spitze, sehr freuen. Die recht gut gelungenen Bilder hängen jetzt im Klubzimmer der Gastwirtschaft Kablitz, und es ist gut so, denn eines der schönsten und ältesten niedersächsischen Häuser des Rundlings, das die Kriegszeit überlebt hat, mußte im letzten Jahre, seine äußere und innere Form zu Gunsten der anderen Bequemlichkeiten verändern.
Außer den ausdrucksvollen Bildern befindet sich im Kablitzer Gasthaus ein Tisch, der in den turbulenten geschichtlichen Ereignissen der Befreiungskriege mit "von der Partie" war: Um 1813 soll ein Befehlshaber der vorüberziehenden russischen Truppen im Kablitzer Gasthaus Rast gehalten und an diesem Tisch soupiert bezw. diniert haben. Damals waren die Russen bekanntlich Preußens Alliierte. Übrigens waren die Jamelner früher ein trinkfestes Volk: trotz ihrer wendländischen Abstammung hatten sie stets eine echt germanische Vorliebe für den "Gerstennektar". Wenn man in der Kablitz'schen Wirtschaft in einem uralten Rechnungsbuch blättert, stößt man oft genug auf Rechnungen für diverse Fässer Bier, welche von einem respektablen Volumen waren.
Auch archäologisch betrachtet ist Jameln nicht uninteressant. Man findet beim Graben verschiedene Feuersteine, deren Schliff und Bearbeitung an die Funde des Steinzeitalters erinnert und Kunde davon geben, daß hier längst verschwundene Menschensiedlungen waren. Die alten Eingesessenen sprechen sogar von einer heidnischen Kultstätte unweit der Landstraße.
In der heutigen Zeit spielt Jameln durch seine verkehrstechnisch günstige Lage an der Eisenbahn und der wichtigen Verkehrsstraße und durch den regen Betrieb der Molkerei und der Breselenzer Ein- und Verkaufsgenossenschaft, deren großer moderner Speicher gleich am Bahnhof für den Bedarf seiner Genossen sorgt, keine geringe Rolle für seine nähere Umgebung." ru
Autor/-in:
Kurt
Schmidt (tt)
Herkunft:
Axel
Schmidt
Quelle:
Torsten
Schoepe
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