Lüchow
Datum: 30. Januar 1973 (EJZ)
Zeitraum: 1971 - 1980
Die Bildunterschrift am 30. Januar 1973:
ABSCHIED vom Lemgow: der einstige Schmarsauer Triebwagen. Er wird in Hildesheim restauriert und soll bald wieder auf eigenen Rädern fahren, bei Sonderfahrten für Liebhaber von historischen Bahn-Vehikeln.
"Neues Leben für Triebwagen 141
Lüchow. Schrottreif schien der Triebwagen 141 der Lüchow-Schmarsauer Eisenbahn zu sein, als sich — nach Stillegung dieser Bahnstrecke nach Schmarsau — die Arbeitsgemeinschaft "Historische Eisenbahn" in Hildesheim für das Fahrzeug interessierte. Sie übernahm es trotzdem. Es konnte nicht mehr selbst fahren und wurde daher im November vorigen Jahres auf einen Rungenwagen der Bundesbahn nach Hildesheim verladen.
Die Arbeitsgemeinschaft „Historische Eisenbahn“ in Hildesheim restauriert geschichtlich interessante Wagen der Bundesbahn und der Privatbahnen, versetzt sie, soweit es mit den heutigen technischen Vorschriften vereinbar ist, wieder in ihren ursprünglichen Zustand und veranstaltet dann mit diesen Fahrzeugen auf Bundesbahnstrecken Sonderfahrten für Eisenbahnfreunde. Derer gibt es nicht wenige, wie Sonderfahrten "mit der letzten Dampflok" und ähnliche Veranstaltungen auch in unserem Bezirk und Kreisgebiet bewiesen haben.
So wird nun auch der Triebwagen 141 (Baujahr 1934) instandgesetzt und betriebsbereit hergerichtet, um für Sonderfahrten verwendet zu werden. Er war 1934 für die Lüchow-Schmarsauer Eisenbahn gebaut worden und ist fast immer auf der Schmarsauer Strecke eingesetzt gewesen. Nur einmal wurde er für kurze Zeit an die Buxte-huder-Harsefelder Eisenbahn ausgeliehen und einmal 1945 von der Besatzungsmacht beschlagnahmt und vorübergehend abtransportiert; damals war sogar ein Maschinengewehr auf seinem Dach montiert.
Als der Schienenverkehr auf der Schmarsauer Strecke eingestellt wurde, stand das Fahrzeug zunächst noch betriebsbereit im Lokschuppen, dann kam es wegen Platzmangels auf ein Abstellgleis, und dort wurde es in kurzer Zeit schrottreif: alle Fenster wurden zerschlagen, die Sitzpolster zerschnitten, Motorteile ausgebaut und alle Schilder gestohlen.
Kreisoberamtmann Karras setzte sich noch rechtzeitig für die Abgabe des Wagens nach Hildesheim ein. Wenig später wäre der Triebwagen bei anhaltender Zerstörungslust von Kindern, aber auch einigen Rowdys reif für den Schneidbrenner gewesen. Der Landkreis kam der erwähnten Arbeitsgemeinschaft auch finanziell entgegen. Die Transportkosten waren ja immerhin etwa ebenso hoch wie die den Hildesheimer Interessenten entstandenen Anschaffungskosten. Mehrmals hatten die Hildesheimer zur Durchführung der ganzen Aktion nach Lüchow kommen müssen. Busfahrer Horst Conrad aus Bockleben von der Schmarsauer Bahn, der einst selbst diesen Triebwagen gefahren hatte, opferte Sonntage und Feierabendstunden dafür, weil ihm das Schicksal des Wagens besonders am Herzen lag. Die Hildesheimer haben ihn schon zu einer Sonderfahrt mit dem T 141 eingeladen, sobald er wieder betriebsbereit sein wird.
Der Wagen, der also demnächst eine Attraktion für die Eisenbahnfreunde sein wird, ist 1934 von der Waggonfabrik Wismar erbaut worden. Bei einem Gewicht von 5,8 t hat er eine Länge von 9,24 m. Die Höchstgeschwindigkeit betrug 45 km/Std.; den Antrieb besorgten zwei 50-PS-Ford-Motore, auf je eine Achse wirkend. Anfang der 30er Jahre war der Wagen entwickelt worden, um der immer stärker werdenden Abwanderung von Fahrgästen zum Straßenomnibus entgegenzuwirken. Inzwischen hat nun hier doch der Bus gesiegt.
Triebwagen der gleichen Art fahren übrigens noch bei der Osthannoverschen Eisenbahn für Streckenbereisungen, bei der Wilstedt-Tostedt-Zevener Eisenbahn als Rottenfahrzeug und bei der "Museumseisenbahn Bruchhausen-Vilsen" auf Schmalspur für Sonderfahrten."
Der Autor sowohl des Fotos, als auch des Textes sind in der EJZ nicht genannt worden und bislang nicht bekannt.
Quelle:
Archiv der Elbe-Jeetzel-Zeitung
Eisenbahn
Archiv-ID: 60067