Abriss der Tischlerei Müller

Lüchow
Theodor-Körner-Straße
Datum: 1958
Zeitraum: 1946 - 1960

Um den Abriss des Werkstattgebäudes der Tischlerei Müller gab es einen längeren Streit, der gütlich beigelegt werden konnte.

EJZ vom 28.11.1957

Wird die Entlastungsstraße gesperrt?
Das Haus im Wege — Verpasst Bürger Müller eine Gelegenheit ?

Lüchow. Seit 1955 ist die Brücke der Theodor-Körner-Straße befahrbar. Seitdem hoppeln immer wieder vereinzelte Autos und Motorräder über die Schlaglochstrecken beiderseits dieser Brücke. Immer noch ist hier die Straße ein Provisorium, aus dessen Sand spitzer Bruchstein herausschaut und Reifen frißt. Denn noch immer steht das Werkstatthaus des Tischlermeisters Müller genau dort, wo die Straße ln die Mauerstraße einmünden soll. Und das Straßen-Provisorlum schlägt daher einen Haken um dieses Haus.

Das kann kein Dauerzustand bleiben, und darum wird hier auch keine endgültige Fahrbahn angelegt. Lastzüge und Omnibusse können diesen Straßen-Haken nicht befahren. Aber gerade sie möchte man mehr und mehr von der Innenstadt-Hauptstraße auf die Entlastungsstraße leiten. Das Haus muß also weg, damit die Straße fertig gebaut werden kann.

Muß es dazu erst zu einem Enteignungsverfahren kommen? Tischlermeister Müller machte bisher keine Miene, auf Vorschläge und Angebote der Stadt elnzugehen. Um nun möglichen Schadenersatzforderungen von Kraftfahrern aus dem Wege zu gehen, die über das Straßenprovisorium fahren, erwägt die Stadt jetzt, die Entlastungsstraße an ihrer Einmündung in die Mauerstraße für den Fahrzeugverkehr zu sperren.

Mit sehr knapper Mehrheit beschloß der Rat in seiner November-Sitzung, Bemühungen des neuen Stadtdirektors zu unterstützen, die darauf abzielen, mit Bürger Müller doch noch ein Übereinkommen zu erzielen. Wie wir erfahren, forderte Müller bisher für das Aufgeben des im Wege stehenden Hauses 32 000 Mark, während die Stadt bereit war, 24 000 Mark zu zahlen.

Wer das Haus kennt und wer auch einiges über den Ausgang von Enteignungsverfahren samt den dabei festgesetzten Entschädigungen weiß, der fragt sich, ob Bürger Müller nicht eine Chance verpaßte, als er hier nicht zugriff. Es könnte sein, daß ihm im Enteignungsverfahren nur ein Viertel der jetzt gebotenen Summe zugesprochen wird.

Dazu kommt: Müllers Haus war 1946 abgebrannt. Er erhielt die Wiederaufbaugenehmigung an dieser Stelle nur, nachdem er unterschrieben hatte, daß er das Haus sofort abbrechen werde, wenn hier die Entlastungsstraße gebaut wird.

Man redet in jedem Jahr ln den festlichen Lüchower Tagen von der Gemeinsamkeit von Stadt und Gilde und von Gildegeist und Bürgersinn. Harry Müller war König und Vizekönig dieser Gilde und sollte nun diese Gemeinsamkeit bekunden, zumal dabei im Vergleich zum Enteignungsverfahren nicht einmal ein Verlustgeschäft von ihm erwartet wird.

Stellv. Bürgermeister Schneider berichtete dem Rat, die Stadt habe sich bei den bisherigen Verhandlungen keineswegs „stur" verhalten, sie habe Müller ein Nachbargrundstück angeboten, das verkehrsmäßig ebenso günstig liege, die Delegation habe auch die geldliche Entschädigung nicht starr auf 24 000 Mark begrenzt; dennoch sei es bei der Ablehnung aller Angebote durch Müller geblieben. Jetzt will man es noch einmal versuchen, Lüchow vor Streitereien zu bewahren, die beiden Selten Nachteile bringen.

Das Schicksal des im Wege stehenden Hauses? Man sieht es seinen Mauern an, daß es mit dem Gedanken erbaut wurde: „Es muß wieder abgerissen werden“. Noch hat die Stadt Zeit. Der Brückenbau in der Hauptstraße, bei dessen Beginn die Entlastungsstraße den gesamten umgeleiteten Verkehr übernehmen muß, wird erst 1959 akut. Aber sollen die Einwohner weitere anderthalb Jahre durch den Sand der unfertigen Straße laufen? Soll gar diese Verbindung für Fahrzeuge ganz ausfallen? Bürger Müller hat es in der Hand, diesem Zustand sofort ein Ende zu machen.


EJZ vom 23.12.1957

Müller-Werkstatthaus verschwindet
Die Vernunft siegte - Im Früjahr komplette Theodor-Körner-Straße

Lüchow. Am Sonnabend wurde der Vertrag zwischen der Stadt Lüchow und Tischlermeister Müller unterzeichnet, in dem festgelegt wird, daß das Werkstatthaus von Heinrich Müller, das der Vollendung der Th.-Körner-Straße mitten im Wege steht, verschwindet. Ein möglicher Zankapfel ist damit aus der Welt geschafft. In Lüchow hat wieder einmal die Vernunft gesiegt, nachdem es so schien, als könnten beide Seiten absolut nicht übereinkommen.

EJZ vom 23.1.1958

Beabsichtige mein Werkstatt-Gebäude Mauerstraße 5—6 auf Abbruch zu verkaufen. Interessenten wollen sich bei mir melden.
H. Müller, Tischlermeister, Lüchow, Kalandstraße 3.


EJZ vom 13.2.1958

Gebäude-Abbruch-Verkauf in Lüchow
Am Sonnabend, dem 15. Februar, um 10 Uhr versteigere ich im freiwilligen Auftrage von Herrn Tischlermeister H. Müller - Lüchow öffentlich meistbietend auf Bar- und Fristzahlung:
Das Werkstattgebäude Mauerstraße 5 auf Abbruch im ganzen oder in Teillosen.
Das Gebäude ist 1948 erbaut und enthält u. a.: 3—4000 Stück Zementfalzziegel mit Kopfverschluß, 30 Sparren (5,50 m lang), 6 Trägerbalken (14 m), 15 Balken (9,60 m), Eisenträger versch. Stärken und Längen, ca. 8000 Stück Mauersteine, 1 Schaufenster, 1 Garagentür, Fußbodenbretter u. a. m.
Werner Hennings, vereid. u. öffentl. best. Versteigerer in Lüchow.
Herkunft:  Joachim  Schulz
Quelle:    Sammlung Wendland-Archiv
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Abriss • Bauarbeiten • Handwerk • Tischlerei-Zimmerei
Archiv-ID: 16458
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